Mein Kind hat Krebs. Und jetzt?

Die Diagnose wirkt zunächst niederschmetternd. Alles prasselt scheinbar gleichzeitig auf die Familien ein. Medizinische Fachbegriffe müssen „verdaut“ und verstanden werden, (über)lebens-wichtige Entscheidungen getroffen werden. Zur selben Zeit muss der Alltag für eventuelle Geschwisterkinder organisiert werden, Absprachen mit dem Arbeitgeber getroffen werden. Das komplette Leben wird von einem auf den anderen Tag umgekrempelt.

Jeder reagiert anders auf diese außergewöhnliche Belastung. Deswegen gibt es keinen festen Wegweiser, wie man diese anstrengende Zeit übersteht. Wir haben ein paar Gedankenanregungen gesammelt.

Soviel normales Leben wie möglich schenken

  • Kinder wollen leben! Mut und Kraft können wir von ihnen lernen.
  • In all dem Schrecken das Spielen und Lachen nicht vergessen.
  •  Mut zusprechen – und nicht zusätzlich Ängste schüren (wie „Angst vorm Pieksen“)
  • Erziehen nicht vergessen – liebevoll umsorgen, aber nicht alles durchgehen lassen.
  • Je älter das Kind ist – akzeptieren, dass es trotz engmaschiger Kontrolle Freiraum braucht.

Kommunikation

  • Wie offen möchte ich über die Erkrankung meines Kindes sprechen? Hilft es mir, meine Sorgen und Ängste zu teilen oder möchte ich lieber alles verschlossen halten?
  • Wen muss ich, wen will ich informieren?
  • Um den betroffenen Eltern den Rücken frei zuhalten, kann eine vertraute Person (ein Freund/ein Familienmitglied) alle Interessierten und Besorgten auf dem Laufenden halten? Evtl. ausgestattet mit einer Telefonliste bzw. Mailliste, wer über Neuigkeiten, Erkenntnisse etc. informiert werden soll?
  • Seien Sie ehrlich, wenn Ihnen Anteilnahme Zuviel wird. Sie können ein Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt verlegen.

Hilfe annehmen

  • Selbst wenn Sie vorher nicht der Typ dazu gewesen sind – fragen Sie um Hilfe. Ihr direktes Umfeld wird sich freuen, etwas Praktisches für Sie leisten zu dürfen.
  • Welche Art von Hilfen gibt es? Alles, was eine kleine Verschnaufpause für die betroffene Familie stiftet: z.B. Einkäufe erledigen, Geschwisterkinder „hüten“ – oder vielleicht sogar besondere Zeit mit ihnen z. B. bei einem Ausflug verbringen, Essen vorbeibringen, den Rasen mähen etc.
  • Wir hörten auch von einer Familie, deren Nachbarn einfach die Schuhe putzten. Mit der einfachen Begründung, dass die Familie sich sicherlich dafür keine Zeit nähme …
  • Wenn Sie oder Ihr Partner wieder arbeiten gehen – sprechen Sie mit Ihren Kollegen ab, wie Sie diese anstrengende Phase gemeinsam meistern. Denn evtl. müssen Sie auch mal kurzfristig Ihrer Familie zur Seite stehen.

Kraft tanken

  • Stark sein für’s Kind bedeutet auch: wie kann ich meine eigenen Batterien wieder aufladen?
  • „Zeit für mich“ ist nicht egoistisch, sondern wesentlich für das Durchhalten.
  • Individuelle Ruheinseln schaffen: vielleicht abends zuhause ein ätherisches Bad ohne Störungen? Ist in der Klinik mal ein Abendspaziergang an der frischen Luft möglich, wenn Besucher auf das Kind aufpassen?
  • Wenn Sie Sport treiben oder Hobbies nachgehen: das kann helfen, Stress abzubauen.

Praktisches

  • Hilft es Ihnen vielleicht, eine Klinikliste zu schreiben? Koffer für das Kind und den begleitenden Erwachsenen. Damit Sie auch in stressigen Situationen keine wichtigen Utensilien vergessen.
  • Auch wenn das Kind klein ist: möchte es vielleicht auch Teile des Koffers packen? Z. B. das Lieblingsspielzeug, die Kuscheltiere und Bücher aussuchen?
  • Erfinden Sie kleine Rituale, die die Fahrt zur Klinik weniger dramatisch wirken lassen … wie rote Autos zählen, wetten, ob der rechte oder linke Aufzug als erster kommt etc.

Hinweise für Freunde/Familie

  • Haben Sie Geduld! Das Verarbeiten einer solchen Diagnose und das Einfinden in einen neuen Lebensrhythmus kann dauern.
  • Halten Sie Kontakt! „Ruf an, wenn Du etwas brauchst“ – der Anruf wird nie kommen, denn die Betroffenen haben keine Kraft, sich selbst zu melden.
  • Sprachlosigkeit benennen, seien Sie echt, vermeiden Sie Sätze wie „wird schon wieder“, das verharmlost die Situation und wirkt eher verletzend. „Ich hoffe mit Euch“ vermittelt dagegen echtes Mitgefühl.
  • Vor Ort nicht bewirten lassen. Selbst aufstehen und z. B. Wasser/Taschentücher holen.
  • Auch wieder gehen – und nicht erst nach überdeutlicher Aufforderung. Besuche lieber kürzer, dafür regelmäßiger, denn der Klinik-alltag ist sehr anstrengend.
  • Bedürfnis nach Nähe und Detail-Erzählen wechseln im Laufe der Zeit – hinnehmen! Nicht persönlich nehmen.
  • Einfach Zuhören.
  • Keine (fachfremden) Internetrecherchen aufzwängen – Die Familien sind an der Uniklinik in guten Händen.
  • Ja – auch betroffene Familien lachen. Freuen Sie sich mit ihnen für die ausgelassenen Minuten.
  • Hier hilft nur Mitgefühl und Anerkennung. „Ihr müsst gerade ganz schön viel leisten. Ich habe Hochachtung vor dem, was ihr alles schafft.“
  • „Du bist ja stark und hältst das durch“ – nicht hilfreich. Ich weiss nie, ob die Person nicht kurz vor dem Nervenzusammenbruch steht.
  • Versuchen Sie, die Betroffenen in der nächsten Zeit vor unnötigen und zusätzlichem Stress zu schützen, greifen Sie aber dabei nicht zu sehr in die Alltagsaufgaben ein: diese können ein Stück Normalität darstellen.
  • Die eigene Belastung nicht zu stark thematisieren – sonst fühlt die Familie sich vielleicht noch schuldig.